„Wer spart, wenn er hat, der findet, wenn er bedarf“, galt schon bei den Kaufleuten des Mittelalters als Grundmaxime vorausschauender Wirtschaftsphilosophie. Doch heute zeigt schon ein kurzer
Blick in den Stadtsäckel nur gähnende Leere. Wir haben nichts mehr zum Sparen, dürfen auch nichts mehr Ausgeben, obwohl Bedarf zuhauf da ist. Da nichts mehr zu finanzieren ist, wird die UWG
folgerichtig für den Haushalt 2005 selbst keine neuen den Haushalt belastenden Anträge mehr stellen und auf Erbsenzählerei sowie Show-Debatten verzichten.
Zahlreiche UWG-Initiativen der zurückliegenden Legislaturperiode bestätigen, dass wir trotz einer geradezu bornierten Ablehnung all unserer Sachbeiträge durch den Vorgänger des
jetzigen SPD-Fraktionsvorsitzenden unbeirrt notwendige Entscheidungszwänge vorausschauend erkannt und zielorientiert gehandelt haben. Denn es entsprach der Denklogik des früheren SPD-Vorsitzenden
sämtliche UWG-Anträge zunächst gemeinsam mit der CDU abzulehnen, um sie danach im Sinne nachreifender Erkenntnis zur Maxime des eigenen politischen Handelns zu machen. Einige Beispiele aus der
Chronologie unserer Ratsarbeit bestätigen dies.
Wir sind gespannt, ob sich diese Sinnesläuterung auch in einer Zustimmung zu den heutigen UWG-Beschlussentwürfen zeigt, die nach dem HuF hier erneut als Tischvorlage vorliegen (siehe Anlage) und deshalb wohl nicht nochmals vorzulesen sind. Lediglich der Antrag zur Stadthalle und Stimberghalle wurde um den Prüfungsauftrag „b“ erweitert.
Die Prüfungsaufträge der UWG belasten den Haushalt nicht. Sie können aber Handlungsfelder aufzeigen, die unseren Haushalt möglicherweise ein wenig entlasten und zumindest im kleinen Rahmen wieder
eigene Entscheidungsfelder für den Rat eröffnen. Deshalb unser Appell insbesondere an SPD und CDU, endlich einmal schadlos über den Schatten zu springen und diese Vorschläge mit zu tragen.
Kosten deckende Einnahmen sind ansonsten ein Fremdwort in der kommunalen Finanzpolitik. Stattdessen müssen wir uns mit immer längeren Laufzeiten im Haushaltssicherungskonzept
abfinden. Laut Innenministerium ist der Oer-Erkenschwicker Konsolidierungsrahmen inzwischen der zeitlich längste aller NRW-Kommunen. Fast der gesamte Verwaltungshaushalt lebt auf Pump. Wir
besitzen keinen Reservenotgroschen mehr für den lang- und kurzfristigen Schuldenabbau. Wir geben faktisch mehr Geld aus, als wir einnehmen, und schieben – so der Bund der Steuerzahler im Januar
2005 – die zu hohen Ausgaben früherer Haushaltsjahre wie eine Lawine vor uns her.
Die UWG hält deshalb die erneute Erhöhung der Kassenkredite auf nunmehr 60 Millionen Euro für eine äußerst bedenkliche Entwicklung, die wir nicht länger
mittragen können. Eigentlich – ähnlich wie ein „Dispo“ – als Instrument zur kurzfristigen Liquiditätsbeschaffung gedacht, wandeln sich die Kassenkredite zunehmend zu einer permanenten
Einnahmeposition, um den Verwaltungshaushalt letztlich über Kredite zu finanzieren.
Als höchst bedenkliche Entwicklung bewertet die UWG, wenn Kassenkredite für spekulative Geschäfte mit Schweizer Franken genutzt werden. Immerhin etwa 8 Millionen Euro, wenn wir
den Kämmerer richtig verstanden haben. Je nach der zukünftigen Entwicklung des Kurses SFRS / Euro kann zum Zeitpunkt der tatsächlichen Rückzahlung des Kredites die bisherige positive Entwicklung
ins Negative umschlagen. Aufgrund des zurzeit schwachen US-Dollars ist der Euro auch gegenüber jeder anderen Währung stark. Es ist jedoch absehbar, dass die Schwäche des US-Dollars nicht ewig
anhält. Sobald die Zinsen in den USA deutlich steigen, wird der US-Dollar stärker und damit der Euro schwächer. Die Schweizer Wirtschaft ist relativ stabil. Die Deutsche lebt einzig und allein
vom Export. Daher muss damit gerechnet werden, dass das für den Euro zurzeit positive Kursverhältnis zum Schweizer Franken nicht von Dauer ist. Die Kursmarke, bei der das Kreditgeschäft
währungsmäßig zu Null aufgeht, ist schnell wieder erreicht. Jede Unterschreitung der Marke führt zu einem Verlust, der den Oer-Erkenschwicker Steuerzahler teuer zu stehen kommt. Mit Spekulation
öffentliche Finanzen seriös sanieren zu wollen, ist für die UWG deshalb „heiße Luft“. Womöglich richtet die Hohensyburg demnächst noch einen Kämmerer-Casino-Stammtisch ein, wo die letzten
Verfügungsmittel des Bürgermeisters gegen HSK-Coupons für's Roulettspiel eingetauscht werden können.
Ein altes Sprichwort sagt: „Was man spart vom Mund, fressen Katz' und Hund“. Welches Bonmot könnte besser unsere heutige städtische Haushaltslage kennzeichnen? Die Zahlen sprechen eine deutliche
Sprache: Im Haushaltsjahr 2005 fehlen einschließlich der Altfehlbeträge etwa 35 Millionen Euro. Bei den jetzigen politischen Rahmenbedingungen wird Oer-Erkenschwick aus diesem Schuldenloch nie
mehr herauskommen. Auch Powerpoint unterstützte Hochrechnungen des Kämmerers für wieder schöne Finanzzeiten in vielleicht fünfzig oder sechzig Jahren nimmt deshalb wohl niemand mehr ernst.
Der Rat kann keine größeren Investitionen mehr beschließen. Politischer Gestaltungsspielraum existiert kaum noch. Die Einweihung der neuen Turnhalle an der
Friedrich-Fröbel-Schule wird wohl auf Jahre das letzte große „Baueinweihungsevent“ für die Stadt sein. Im Rahmen der verbliebenen finanziellen Gestaltungsfelder fokussieren sich die politischen
Kompetenzentscheidungen des Rates stattdessen auf Handgriffe für Fahrradfahrer an einigen Verkehrsampeln. Auf Überlegungen, am Ende der Buschstraße eine Verkehrsschranke zunächst aufzubauen, um
sie dann wieder abzubauen oder – wie in einem aktuellen Antrag zum Haushalt 2005 nachzulesen – auf die Kernfrage vieler sich ungerecht behandelt fühlender Hundeliebhaber, warum „Kampfhunde
oftmals harmloser und besser erzogen sind als kleine Hunde“.
Wir sind als Rat – um in der Bildsprache zu bleiben – praktisch auf den Hund gekommen. So werden wir Ratsmitglieder als vom Bürger gewählte Mandatsträger auf kaltem Finanzwege entmündigt.
Natürlich gibt es auch hausgemachte finanzpolitische Altlasten mit langjährigen Folgewirkungen die SPD und CDU als rot-schwarze Kuschelkoalition seit den Zeiten von Willi Winter,
Heinz Netta und Clemens Peick ausschließlich alleine verantworten haben. So hält die UWG das Maritimo mit einem Tilgungs- und Zinsaufwand von mindestens 40 Millionen Euro weiterhin für finanziell
überdimensioniert und für ein Fass ohne Boden. Wir werden weiter kritisch hinterfragen, ob wir uns künftig ohne Abstriche die jetzige Kulturpolitik noch leisten können, wenn gleichzeitig in allen
anderen städtischen Bereichen der Geldhahn zugedreht werden muss. Warum soll der Oer-Erkenschwicker Steuerzahler das Kulturprogramm für die Bürger der umliegenden Städte finanzieren, denn es
wurde ja wiederholt auf die vielen auswärtigen Besucher verwiesen? Von dadurch neu geschaffenen Arbeitsplätzen z.B. bei der Stimberg- und Stadthallen GmbH haben wir bislang nichts gehört.
Gleichwohl müssen wir trotz Maritimo und Hallen-GmbH feststellen, dass unsere Kommunalpolitik zunehmend fremdbestimmt wird. Mit immer neuen Gesetzen und Auflagen bestimmen Land und Bund, wofür
wir als Kommune Geld ausgeben müssen, das wir seit Jahren gar nicht mehr haben.
Angesichts dieser dramatischen Entwicklung muss die Sinnhaftigkeit von kommunalen Haushaltsberatungen ernsthaft in Frage gestellt werden. Offenbar gilt für unsere MdL's – Anwesende besonders
eingeschlossen – nicht mehr das Prinzip „wer die Musik bestellt, muss sie auch zahlen“. Als kostenträchtige Beispiele seien nur die ständig wachsenden Sozialleistungen oder der
Brandschutzbedarfplan genannt.
Die UWG hält es für einen Skandal, dass wir Kommunalpolitiker nun die Suppe auslöffeln sollen, die unsere Volksvertreter in Düsseldorf und Berlin uns eingebrockt haben. Die UWG wird deshalb
keinem Haushaltsplan zustimmen, der diesen Konnexitätsskandal auf Dauer sanktioniert. Mit unserer Ablehnung werden wir ihn nicht verhindern können, aber wir wollen unserem ohnmächtigen Unmut über
die rot-grünen Politiker in Düsseldorf und Berlin Ausdruck geben, die unsere kommunale Selbstverwaltung faktisch ad absurdum führen.
Vorgetragen von Helmut Lenk, Fraktionssprecher
(Es gilt das gesprochene Wort)
Anträge der UWG