Den Rat ernst nehmen, geht anders

Sitzungen vor der Bundestagswahl fallen aus

Rainer Lewe, stellv. Vorsitzender der UWG

Ohne Angabe von Gründen ist den Ratsmitgliedern mitgeteilt worden, dass alle für August und September 2021 vorge­sehe­nen Ausschusssitzungen sowie die Ratssitzung ausfallen. Dabei geben sowohl die Gemeindeordnung (GO) NRW als auch die Geschäftsordnung des Rates vor, dass der Rat wenigsten alle zwei Monate einberufen werden soll. Eine Abweichung von dieser „Soll-Vorschrift“ ist nur aus wichtigem Grund zu­lässig.

Im Jahr 2021 haben nach meiner Zählung bislang erst zweimal der Haupt- und Finanzausschuss in Verbindung mit dem Personalausschuss („kleiner Rat“) und ein einzi­ges Mal der gesamte Rat getagt. Wenn der Rat jetzt erst am 28. Oktober und dann wieder am 9. Dezember einberufen wird, wird nicht einmal die Mindestanzahl an Rats­sitzungen erreicht.


Dabei gäbe es genug zu beraten und zu entscheiden:


Zum Beispiel der Ratsantrag von Bündnis 90 / Die Grünen auf Erstellung eines Klimaanpassungskonzeptes sowie einer Starkregengefahrenkarte, angesichts der aktuel­len Naturkatastrophen ein wahrlich dringliches Anliegen. Oder der aktuelle Stand der Kanalisationserneuerungen und geplanten Straßenerneuerungen, was vielen Anlie­gern richtig auf den Nägeln brennt.


Und was ist mit den Plänen der FAKT AG, Tomaten auf der Zechenbrache in riesigen Gewächshäusern anzupflanzen und dort über 100 neue Arbeitsplätze zu schaffen? Auch der Zustand der mittleren und unteren Stimbergstraße mit kaputtem Straßenpflaster, wachsendem Leerstand der Geschäftslokale und zunehmend einseitiger Bele­gung von Wohnungen mit Vertragsmitarbeitern eines einheimischen Unternehmens wirft nachdenkliche Fragen auf.


Klärungsbedarf gibt es auch hinsichtlich der Unterhaltungskosten von JOE’s Jugendzentrum an der Lindenstraße. Und wie sind die Schulen für den gefahrlosen Wieder­beginn des Unterrichts „Corona-gerecht“ gerüstet? Wie ist der Stand der Digitalisierung, vor allem, wenn es wieder Distanzunterricht geben sollte?


Auch über die vom Rat beschlossene Ehrung verdienter Bürger ist seit weit über einem Jahr in der Presse noch nichts berichtet worden. Fanden die Ehrungen durch den Bürgermeister womöglich unter Ausschluss der Presse heimlich im Keller statt?


Geradezu zynisch klingt da die flapsige Äußerung des Bürgermeisters, „die Tagesordnung Ende Oktober wird dann etwas umfangreicher sein. Aber das ist leider nicht zu ändern.“ Allein die letzten beiden Sitzungen haben schon länger als vier, die letzte sogar über sechs Stunden bis in den späten Abend hinein gedauert. Und dies verpflich­tend mit permanent enganliegender Corona-Schutzmaske, kaum spürbarer Durchlüftung des Sitzungssaales und einer miserablen Akustik, bei der man die Wortbeiträge einiger Ratsmitglieder kaum mehr verstehen konnte, wie von Teilnehmern der Sitzung berichtet wurde.


Und warum fallen eigentlich nur in Oer-Erkenschwick Ausschuss- und Ratssitzungen aus, während sie in Nachbarstädten wie Haltern am See oder Recklinghausen auch Ende August / Anfang September kurz vor der Bundestagswahl planmäßig durchgeführt werden?

Rainer Lewe
(stellv. Vorsitzender der UWG Oer-Erkenschwick e.V.)
 


Der Leserbrief wurde in der Stimberg Zeitung nicht veröffentlicht. Stattdessen erschien der folgende redaktionell aufbereitete Artikel.


Die Stimberg Zeitung schreibt:



UWG kritisiert ausfallende Sitzungstermine
„Dabei gäbe es genug zu beraten.“

Stimberg Zeitung 21.08.2021


OER-ERKENSCHWICK. „Den Rat ernst nehmen geht anders“, so kommentiert der stellvertretende UWG-Vorsitzende Rainer Lewe die Tatsache, dass den Ratsmitglie­dern ohne Angabe von Gründen mitgeteilt worden sei, dass alle für August und September vorgesehenen Ausschusssitzungen sowie die Ratssitzung ausfallen.


Dabei gäbe es nach Ansicht von Rainer Lewe genug zu beraten und zu entscheiden:


Zum Beispiel den Ratsantrag von Bündnis 90 / Die Grünen auf Erstellung eines Klimaanpassungskonzeptes sowie einer Starkregengefahrenkarte.


Oder der aktuelle Stand der Kanalisationserneuerungen und geplanten Straßenerneuerungen.


„Und was ist mit den Plänen der FAKT AG, Tomaten auf der Zechenbrache in riesigen Gewächshäusern anzupflanzen und dort über 100 neue Arbeitsplätze zu schaffen? Auch der Zustand der mittleren und unteren Stimbergstraße mit kaputtem Straßenpf laster, wachsendem Leerstand der Geschäftslokale und zunehmend einseitiger Belegung von Wohnungen mit Vertragsmitarbeitern eines einheimischen Unternehmens wirft nachdenkliche Fragen auf“, stellt Rainer Lewe fest.


Geradezu zynisch würde in dem Zusammenhang die Äußerung des Bürgermeisters, die Tagesordnung Ende Oktober werde dann etwas umfangreicher sein, klingen.


Lewe fragt sich: „Warum fallen eigentlich nur in Oer-Erkenschwick Ausschuss- und Ratssitzungen aus, während sie in Nachbarstädten wie Haltern am See oder Reckling­hausen auch Ende August / Anfang September kurz vor der Bundestagswahl planmäßig durchgeführt werden?“