Nachtigall, ick hör dir trapsen

Bericht „Stadt übernimmt das Maritimo“
Stimberg Zeitung 09.06.2018

Hans-Joachim Lehmann, Sachkundiger Bürger der UWG im Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung

Nun will die Stadt das Maritimo also selbst betreiben und dazu eine stadteigene Betriebsgesellschaft gründen. Und Herr Ibrahim Özcan, der bisherige Geschäftsführer des Maritimo, soll als Badleiter übernommen werden, was grundsätzlich zu begrüßen wäre, weil ich mir keine Person in der Stadtverwaltung vorstellen kann, die über die Fähigkeiten verfügt, ein solches Bad kompetent zu führen.


Es ist aber zu fragen, ob Herr Özcan überhaupt als Badleiter eingestellt werden kann, wo er doch zurzeit auch Geschäftsführer bei der monte mare Reichshof Freizeitbad-Verwaltungs-GmbH mit Sitz in Reichshof ist, die das monte mare Reichshof Freizeitbad in Reichshof-Eckenhagen leitet. Das Bad gehört ebenfalls zur Krieger-Gruppe, mit der die Stadt im Clinch liegt. Wird Herr Özcan die Geschäftsführung dort niederlegen oder kann Herr Özcan zwei Herren gleichzeitig dienen? Wenn ja, könnte Herr Özcan doch sofort zum Geschäftsführer der städtischen Gesellschaft bestellt werden.


Oder ist vielmehr geplant, auch in Zukunft mit einem „bewährten“ Geschäftspartner – sprich mit der Krieger-Gruppe – das Maritimo zu betreiben, und die Weiterbeschäftigung von Herrn Özcan ist der erste Schritt in diese Richtung? Herr Özcan könnte dann auch weiterhin Geschäftsführer in der anderen Krieger-Gesellschaft bleiben, weil es für ihn keinen Interessenkonflikt gäbe.


Denn die Stadt steht vor einem großen Dilemma. Einerseits will sie einen Pachtvertrag mit einem ungeliebten Pächter aufheben, was nur im gegenseitigen Einvernehmen erfolgen kann, andererseits will sie aber das Bad mit seinem hohen Sanierungsbedarf und dem Erfordernis einer Attraktivitätssteigerung nicht untergehen lassen, hat aber nicht das geeignete Führungspersonal und weiß, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit der Weiterbetrieb des Bades in städtischer Regie für die Stadt und die Bädergesellschaft verlustbringend sein wird, was die Bädergesellschaft schnell in die Überschuldung führen kann.


Der gangbare Ausweg aus dieser Zwangslage ist, dass man übergangsweise über eine städtische Bädergesellschaft den Betrieb des Bades selbst übernimmt, um dann in Ruhe aber nicht allzu lange nach einem Partner für den Betrieb des Bades Ausschau zu halten. Und da es bereits die stadteigene Betriebsgesellschaft gibt, wird der Partner am besten über einen Verkauf von Anteilen an der Gesellschaft gesucht. Im öffentlichen Vergabeverfahren über die Anteile muss natürlich auf den großen Sanierungsstau und die Notwendigkeit einer Attraktivitätssteigerung des Bades hingewiesen werden, wodurch sich der Kreis der Bieter erheblich einschränken dürfte. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dürfte sich auch ein Unternehmen der Krieger-Gruppe am Bieterwettbewerb um die Anteile beteiligen. Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit wird dieses Unternehmen auch den Zuschlag bekommen, weil es die Situation vor Ort kennt und damit einen großen Wettbewerbsvorteil hat, und weil man ja auch Entgegenkommen bei der Auflösung des Pachtvertrages zeigte. Somit kann Herr Özcan Geschäftsführer der städtischen Gesellschaft werden ohne seine Geschäftsführertätigkeit bei einem anderen Unternehmen der Krieger-Gruppe aufgeben zu müssen.


Der Kreis hat sich geschlossen. Die Stadt hat den Badbetrieb vom Hals, und die Krieger-Gruppe kann endlich den erhofften Gewinn aus dem Badbetrieb erzielen. Wobei gefragt werden muss: Hat die Krieger-Gruppe den bisher erzielten Verlust nicht eigentlich selbst verschuldet, indem sie im Auftrag der Stadt ein Bad plante und baute, das ihren eigenen Ansprüchen nicht genügt?



Hans-Joachim Lehmann